Wohnung gesucht!
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Kein Grund zur Panik?

Kündigung auf Eigenbedarf: Das können und sollten Mieter tun

Mieter zu sein, bedeutet im Endeffekt ganz lapidar, in Wohnung oder Haus eines anderen zu leben.

Besonders, wenn es sich dabei nicht um eine Firma oder Gesellschaft handelt, sondern beispielsweise einen Privatbesitzer (übrigens die mit Abstand größte Vermietergruppe in Deutschland) kann das durchaus zu einer Kündigung wegen Eigenbedarf führen.

Wenn ein solches Schreiben im Briefkasten liegt, ist der Schock natürlich groß und bei manchem entsteht auch sofort ein starker Widerstandswille. Doch wie sollte man sich jetzt verhalten? Ganz besonders, wenn die Kündigung rechtens ist?

Disclaimer: Das Mietrecht unterliegt durch Gesetzesverabschiedungen und Gerichtsurteile ständigen Änderungen in Details. Die folgenden Zeilen spiegeln den Stand von Ende Oktober 2024 wider. Obwohl nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, kann der Text zudem naturgemäß keine fachkundige Rechtsberatung ersetzen.

Wer wann wie und weswegen wegen Eigenbedarf kündigen darf

Der Hauptgrund, warum es recht starke Mieterrechte rund um die Eigenbedarfskündigung gibt, liegt daran, weil einige Vermieter in der Vergangenheit reichlich schamlos vorgingen. Grundsätzlich gilt bei uns Folgendes:

  • Eigenbedarf kann nur anmelden, wer selbst einziehen will oder den Wohnraum für Kinder/Stiefkinder, Eltern, Enkel, Großeltern, Geschwister, Nichten und Neffen oder Pflegepersonal/Haushaltshilfen benötigt.
  • Der Eigentümer muss ein berechtigtes Interesse nachweisen, warum er „diese“ Wohnung kündigt – oder überhaupt eine Kündigung ausspricht.
  • Das Kündigungsschreiben muss sehr detaillierte Angaben enthalten. Dazu muss auch ein konkretes Einzugsdatum angegeben werden. Ein undefinierter künftiger Zeitraum genügt nicht.
  • Selbst bei einer vollkommen rechtskonformen Begründung kann ein Gericht, speziell auf Berlin bezogen, seit einem Urteil eine bis zu zweijährige „Schonfrist“ aussprechen. Dies, wenn der Eigenbedarf nicht drängt und nachweisbar kein Alternativwohnraum gefunden werden kann. Das gilt jedoch keinesfalls universell.
  • Da es sich um eine ordentliche Kündigung handelt, gelten die gestaffelten Kündigungsfristen je nach verstrichener Mietdauer – also bis zu neun Monate.

So weit die Theorie. Doch was sollten Mieter tun, die ein solches Schreiben auf dem Tisch haben?

Wichtigster Schritt: Experten kontaktieren

Der Berliner Mieterverein schreibt:

„Für die Mietenden lesen sich die Kündigungen mit den benannten
Bedarfspersonen zunächst oft plausibel. […] Wir erleben leider recht häufig,
dass hinter der vermeintlichen Plausibilität der in der Kündigung genannten
Bedarfspersonen und ihrer Interessen, Ungereimtheiten zu finden sind.“

Dazu rät der in Wilmersdorf residierende Verein, jede Eigenbedarfskündigung durch ihn oder einen Fachanwalt prüfen zu lassen. Ein guter Rat, allein schon, um in einem so angespannten Markt wie Berlin auf Nummer sicher zu gehen. Denn wenn eines feststeht, dann, dass es bei einer tatsächlich legitimen Kündigung für die Mieter nun anstrengend wird.

Damit wären wir beim Kern dieses Textes: Wie geht es weiter, wenn die Eigenbedarfskündigung Hand und Fuß hat? Dazu sind vor allem zwei Schritte wichtig, die a) noch am selben Tag beginnen sollten, an dem ein Rechtsexperte bescheinigt, dass die Kündigung wegen Eigenbedarf legitim ist, und die b) in der Praxis parallel zueinander ablaufen

Grundsätzlich Notfalloptionen vorbereiten

Auch wenn es die meisten Leser dieser Zeilen zumindest aus den Medien wissen dürften, sei nochmals betont: Berlin gehört faktisch in seiner Gesamtheit zu den angespanntesten Wohnungsmärkten der Bundesrepublik. Darauf verlassen, im Notfall durch einen Richter jene angesprochene Schonfrist zu erhalten, sollte sich niemand – ebenso wenig, wie darauf, eine Wohnung zu finden, in die er spätestens am letzten Tag der Kündigungsfrist sozusagen nahtlos einziehen kann.

Im Gegenteil: Je mehr ein Wohnungssuchender aufs Geld oder andere Details schauen muss, desto schwieriger kann es werden, innerhalb der Kündigungsfrist eine Wohnung zu finden. Zudem kann Berlin tausende Geschichten von Menschen erzählen, die zwar doch eine Wohnung fanden, aber diese erst Wochen oder gar Monate nach dem Auszugstermin beziehen konnten.  

Das alles bedeutet eines: Jeder wegen Eigenbedarf gekündigte Mieter sollte sich sofort möglichst „wasserdichte“ Notfallpläne zusammenstellen für solche Fälle. Das heißt:

  1. Einen Ort finden, an dem sich notfalls die gesamte Wohnungseinrichtung für einen flexibel wählbaren bzw. kündbaren Zeitraum zwischenlagern lässt. Wenn du in Berlin Lagerraum mieten möchtest, stehen dir fünf über die Stadt verteilte Anlaufstellen zur Verfügung, bei denen der Mietzeitraum ab einer Woche beginnt.. Weiter existiert noch eine weitere Möglichkeit in Spandau.
  2. Bei den Portalen für WGs, Untervermietungen, möblierte Zimmer usw. anmelden. Wie gesagt: Es geht darum, wenn alle Stricke reißen, möglichst rasch eine Notfall-Alternative zu finden.
  3. Mit Verwandten, Bekannten usw. sprechen, ob man im Fall der Fälle bei ihnen unterkommen könnte. Falls eine solche Anlaufstelle weiter weg liegt, mit dem Arbeitgeber reden, ob für diese Zeit vielleicht Homeoffice machbar wäre.
  4. Prüfen, ob es eine Möglichkeit auf einem der vielen Campingplätze in Berlin und Umgebung gäbe. Das ist sogar rechtlich legitim, wenn also dort der Erstwohnsitz angemeldet wird.

Dazu noch ein guter Rat: Sofern man eine neue Wohnung findet und den Vertrag unterschrieben hat, aber der Einzugstermin dennoch nach dem letztmöglichen Auszugstermin in der alten Wohnung liegt, ist es unbedingt geboten, mit dem kündigenden Vermieter zu sprechen. Mit einem bereits unterschriebenen neuen Mietvertrag vor Augen gibt es vielleicht die Möglichkeit, sich mit ihm auf eine verlängerte Kündigungsfrist zu einigen.

Sofort alle Wohnungssuche-Register ziehen

Notfallpläne sind zweifelsohne extrem wichtig. Allerdings sollten Mieter mit noch mehr Energie alles tun, was nötig ist, damit es erst gar nicht zu einem solchen Notfall kommt. Genau so frühzeitig ist es deshalb nötig, alle Hebel der Wohnungssuche in Bewegung zu setzen. Das bedeutet im Klartext:

  1. Auf allen großen und auch Berlin-spezifischen Wohnungsportalen und -suchmaschinen Accounts erstellen. Sofern möglich, Filter mit persönlichen Suchparametern bestücken und speichern. Ebenfalls alle Möglichkeiten für Benachrichtigungen wahrnehmen und sie für ein Senden aufs Handy konfigurieren, damit einem wirklich kein neues Angebot entgeht. Hierzu sei kurz auf die Plattform der Wohnungsbaugenossenschaften verwiesen.
  2. Die Suchparameter keinesfalls zu engmaschig justieren. Das gilt für die Entfernung zum Arbeitsplatz und ähnliche Stellen ebenso wie für die konkrete Wohnungsart. Angesichts des Berliner Marktes sollte es beispielsweise keine größere Rolle spielen, ob es sich um eine Mansard- oder eine Souterrainwohnung handelt.
  3. Am Arbeitsplatz, im Freundeskreis, Supermarkt, Stammkneipe, bei den Nachbarn, im Verein, der Kita und ähnlichen Stellen die Wohnungssuche bekannt machen. Hier gilt wirklich die Regel: Je mehr Menschen aus dem engeren und weiteren Umfeld von der Suche wissen, desto besser kann das „Schwarmbewusstsein“ wirken. Gleiches gilt für Social Media: Ganz oben sollte es einen angepinnten Post geben: „Suche schnellstmöglich Wohnung in Berlin – Preisrahmen XYZ“. Je nach Intensität der Nutzung ist es sogar sinnvoll, regelmäßig ähnliche Posts zu veröffentlichen, um sich so dem Kreis der Follower wieder rasch ins Gedächtnis zu rufen.
  4. Jedes halbwegs passende Angebot ansehen und sich dem Vermieter vorstellen. Selbst, wenn es nicht gerade die Traumwohnung sein mag, so gilt dennoch immer: Absagen kann man immer noch, sofern man eine bessere Zusage bekommt.
  5. Bei nicht gerade üppigem Einkommen unbedingt prüfen, ob man zum Kreis derjenigen gehört, die einen Wohnberechtigungsschein erhalten können. Dafür hat die Senatsverwaltung extra ein Abfrage-Tool erstellt. Immer dran denken: Es geht nicht zuletzt darum, seine Optionsvielfalt zu maximieren.
  6. Sofern nach einem Drittel der Kündigungsfrist noch nichts Hieb- und Stichfestes auf diese Weise zustande gekommen ist, möglichst zeitnah mit einem Makler zusammensetzen. Natürlich arbeitet er nicht kostenlos und kann keine Wunder vollbringen. Erfahrungsgemäß können diese Profis jedoch gerade in schwierigen Fällen oft einen Unterschied machen.

Höchste Vorsicht ist hingegen bei Wohnungsvermittlungsvereinen geboten. Insbesondere mit Blick auf die teils hohen Mitgliedsbeiträge ist die Erfolgsquote eher fragwürdig. Das gilt vor allem, weil sie vielen Wohnungssuchenden als günstigere, aber leistungsmäßig vergleichbare Alternative zu Maklern erscheinen – was sie jedoch in der Regel nicht sind.

Wenn die neue Wohnung zu klein ist

Es gibt keine Garantie, sich mit seiner neuen Behausung nicht zu verkleinern. Eine zu kleine Wohnung zu einem akzeptablen Preis ist schließlich immer noch besser als mit ungewissen Aussichten bei einem bekannten im Gästezimmer zu kampieren – besonders, wenn man nicht allein wohnt.

Natürlich könnte man, falls die Kosten es gestatten, die überschüssigen Stücke einfach dauerhaft an dem Ort eingelagert lassen, den man bei der Notfallplanung eruiert hatte. Sofern man jedoch nicht gerade versuchen möchte, etwa über das Wohnungstauschportal der sechs großen Berliner Wohnungsbaugesellschaften etwas Größeres zu finden, wäre es mittel- bis langfristig wohl die bessere Lösung, die Stücke zu veräußern.

Das mag zwar nicht elegant sein, aber das Geld kann sicher jeder gut gebrauchen, der gerade zwangsweise seine vielleicht seit Jahren angestammte Wohnung verlassen musste.