Berlins Regierende Franziska Giffey im Interview
Franziska Giffey über Omikron, wie Berlin aus der Krise kommt und den Auftakt für ein Wohnungsbau-Bündnis
Franziska Giffey über Omikron, wie Berlin aus der Krise kommt und den Auftakt für ein Wohnungsbau-Bündnis
Die Regierende Bürgermeisterin hat im Interview mit dem Berliner Rundfunk 91.4 bekräftigt, dass trotz begrenzter finanzieller Mittel und Personal nach der Corona-Krise nicht an den falschen Stellen gespart werden soll. Im Gespräch sagte sie: “Wir wollen investieren. In die Wirtschaftskraft des Landes Berlin, in die Frage, wie wir unsere Verwaltung besser aufstellen können und auch in all die anderen Fragen, ob das Bildungsfragen sind oder Fragen der Wirtschaftsförderung. Wir wissen natürlich, dass durch die Pandemie bestimmte Branchen in der Wirtschaft sehr gelitten haben. Da geht es auch darum, den Neustart für Berlin zu organisieren.”
In dem rund halbstündigen Gespräch mit Mark Schubert schaute die Regierende außerdem auf die ersten Tage ihrer Amtszeit. Seit Ende Dezember ist sie Chefin im Roten Rathaus. „Es fühlt sich gut an, aber es ist eine große Herausforderung, gerade in diesen Zeiten zu starten“, so Giffey im Gespräch.
Beim alles dominierenden Thema Corona sieht die Regierende Bürgermeisterin trotz hoher Infektionszahlen hoffnungsvoll auf die kommenden Wochen. Berlin sei beim Fortschritt der Impfungen “deutlich besser als noch im Dezember”, sagte sie. Besonders beruhigend sei, dass die Impfquote bei den Älteren bei weit über 90 Prozent liege. Es sei jedoch richtig, dass der Corona-Expertenrat der Bundesregierung empfohlen habe, dass noch weder die Zeit für Verschärfungen, noch für Lockerungen sei.
Sie hoffe darauf, dass Anfang März über Lockerungen gesprochen werden könne und dann Corona-Vorschriften möglicherweise schrittweise zurückgenommen werden. Als Beispiele nannte sie 2G im Einzelhandel und 2G plus in der Gastronomie.
Die Aufhebung der Präsenzpflicht an den Schulen bis Ende Februar verteidigte Giffey nochmals: “Im Prinzip bleibt alles, wie es ist. Die Schulen bleiben geöffnet, das Betreuungs- und Schulangebot wird gesichert, das Testen wird intensiviert, der Schulbetrieb kann normal stattfinden.”
Im Interview versprach Giffey auch, dass sich der Senat nicht nur um die Pandemie kümmere, sondern auch um die anderen Themen, die Berlinerinnen und Berliner bewegen. 40 Projekte will die Landesregierung bis Ende März angeschoben haben.
Dabei bleibe für sie “Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen wirklich Chefinnen-Sache”, so Giffey. Diesen Freitag findet im Roten Rathaus ein erstes Treffen zur Gründung eines Bündnisses für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen statt. Die rot-grün-rote Koalition will bis zum Sommer eine verbindliche Vereinbarung erarbeiten. Teilnehmer sind unter anderem Senat und Bezirke, Wohnungsverbände und -unternehmen.
Dass der Wohnungsbau bisher nicht schnell genug vorankommt, liege nicht nur an langsamen Behörden. Giffey sieht auch ein Problem mit Spekulanten: “Es hakt an vielen Stellen deshalb, weil Baugenehmigungen nicht angestrebt worden sind, weil jemand bauen wollte, sondern, damit der Wert seines Grundstücks steigt. Das nennt man Spekulation und das ist etwas, was nicht in Ordnung ist, wo es auch Konsequenzen geben muss!”, so die Regierende.
Die Zusammenarbeit zwischen den Bezirken und der Landesregierung will Giffey gesetzlich neu regeln. Im Gespräch erklärte sie aber auch, dass sie einen Verfassungskonvent für Berlin, wie ihn die CDU fordert, ablehnt.
Außerdem kündigte die Regierende Bürgermeisterin eine Werbekampagne an, um die bereits digitalisierten Bürger-Dienstleistungen bekannter zu machen und erklärte im Gespräch, wie der neu geschaffene Posten des “Digital Chief Officers” im Senat die Digitalisierung der Verwaltung beschleunigen soll.
Franziska Giffey wurde 1978 in Frankfurter/Oder geboren. Nach dem Abitur zog sie nach Berlin. Ab 2002 war sie Europa-Beauftragte des Bezirks Neukölln. Nach Stationen in Brüssel und Straßburg wurde sie 2010 Bildungsstadträtin in Neukölln, 2015 dann Bezirksbürgermeisterin.
Im März 2018 wechselte sie als Ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in die Bundespolitik. Im Mai 2021 erklärte sie ihren Rücktritt von diesem Amt.
Franziska Giffey ist zusammen mit Raed Saleh die Landesvorsitzende der Berliner SPD und seit dem 21.12.2021 Regierende Bürgermeisterin von Berlin.